Erdgas ist seit langem das Lebenselexir der Glasindustrie. Allerdings ist es auch die Hauptquelle der CO₂-Emissionen. Dies muss sich ändern, da die Welt eindeutig auf eine neutrale CO₂-Bilanz zusteuert.
Oscar Verheijen ist Vorsitzender des globalen F&E-Netzwerks GlassTrend und F&E-Experte bei CelSian, einem unabhängigen technischen Beratungsunternehmen, das Glashersteller dabei unterstützt, die Qualität und Effizienz ihrer Produktionsprozesse zu verbessern. Seine Arbeit zeigt einen klaren Trend zur Elektrifizierung des Glasschmelzprozesses und zur zukünftigen Nutzung von Wasserstoff als nachhaltige Energiequelle.
„Der Druck kommt sowohl aus dem privaten als auch aus dem öffentlichen Sektor“, sagt er. „Sowohl Regierungen als auch Unternehmen haben sich wissenschaftlich fundierte Ziele zur Emissionsreduzierung bis 2030 gesetzt. Dies wirkt sich sowohl in Form strengerer Vorschriften als auch durch Druck der Verbraucher auf die Glashersteller aus.“
Inwieweit eine vollständige Elektrifizierung bereits möglich ist, hängt von der Art des herzustellenden Glases ab. Prozesse zur Herstellung von oxidiertem Behälterglas und Glaswolle lassen sich relativ einfach elektrifizieren. Für andere Glasarten wie reduziertes Behälterglas und Floatglas wird die Möglichkeit der Nutzung von Elektrizität weiterhin untersucht. Dies führt zur Entwicklung von Hybridofenkonzepten, die sowohl Strom als auch Verbrennungsenergie nutzen. „Je nach Ofenkonstruktion kann hoher Stromverbrauch entstehen“, sagt er. „Im Allgemeinen ist das größte Hindernis nicht technologischer Natur.“
Die Notwendigkeit grüner Energie
Sogar grauer Strom ist aufgrund seiner höheren Energieeffizienz besser als Gas, aber es fallen immer noch indirekte Emissionen (Scope 2) an.
Die größte Herausforderung besteht vielmehr in der zuverlässigen Verfügbarkeit kostengünstigen Stroms, insbesondere wenn es um elektrische Energie aus erneuerbaren Quellen geht. „Sogar grauer Strom ist aufgrund seiner höheren Energieeffizienz besser als Gas, aber es fallen immer noch indirekte Emissionen (Scope 2) an”, sagt Verheijen. „Um wirklich nachhaltig und völlig emissionsfrei zu sein, muss man so viel grünen Strom wie möglich nutzen.“
So wie die Dinge zurzeit stehen, muss die Infrastruktur verbessert werden, zumal viele energieintensive Branchen in den kommenden Jahren elektrifizieren wollen. Dann stellt sich die Frage, wer für die Investition in und die Entwicklung der erforderlichen Infrastruktur zuständig ist.
„Das macht es für die Glashersteller sehr schwierig, denn wenn sie in den nächsten zwei Jahren den Bau neuer Schmelzöfen planen, müssen sie schon jetzt Entscheidungen treffen”, sagt Oscar. „Das ist schwierig, wenn unklar ist, ob die Infrastruktur verfügbar sein wird.“
Die Zeit zum Handeln ist Jetzt
Während das Jahr 2030 für viele noch in weiter Ferne liegt, ist es für Glashersteller bereits jetzt eine Deadline, die sie im Auge behalten müssen. „Jeder heute gebaute Ofen wird mindestens die nächsten zehn bis 15 Jahre in Betrieb sein. Die Entscheidungen, die jetzt fallen, werden also einen großen Einfluss auf dessen künftige CO₂-Bilanz haben.“
Was also sollten die Glashersteller jetzt tun? „Es ist wichtig, alle Entwicklungen in der Branche genau zu verfolgen und an diesen Diskussionen teilzunehmen, um dann bereit zu sein, die beste Technologie für die Dekarbonisierung umzusetzen“, sagt Verheijen. „Man sollte versuchen, seinen Wissensstand zu erweitern und potenzielle Partner und Technologien zu identifizieren, mit denen man in Zukunft zusammenarbeiten kann. Viele Unternehmen werden eine stärkere Elektrifizierung anstreben, daher ist es gut, vorbereitet zu sein.“